Sonntag, 2. Dezember 2012

Carretera Austral–Fitz Roy

Sonntag, 25.11.: Wir schaffen es, nach dem guten Frühstück nicht allzu spät aufzubrechen. Zunächst ist es wieder regnerisch und bewölkt, aber das dürfte hier am Fjord wirklich das übliche Wetter sein. Trotzdem ist die Fahrt durch den NP Queulat wunderschön. Vor allem auf dem Pass Queulat ergeben sich einige Motive, hier stehen uralte Bäume und Baumskelette vor den vergletscherten Bergen und Wasserfällen. Ein bisschen schaut auch die Sonne hervor. Die Straße selbst führt wieder durch dichten Regenwald mit schönen Fuchsien und Feuerbüschen.
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Im nächsten Tal wird das Wetter allmählich sonniger. Die Straße durchbricht eine Engstelle (Piedra de Gato) und führt einen schönen Fluss entlang, immer wieder tauchen spitze Berge im Hintergrund auf. In einem kleinen Ort gelingt es uns dann sogar, ein Mittagessen zu bekommen, wie hier üblich drei einfache Gänge: Salat, Kotlett mit Kartoffelpüree, Pudding; aber das gut und billig.
Der nächste Straßenabschnitt – inzwischen wieder einmal auf Asphalt – ist weniger interessant, da das Gebiet bewohnt ist, deshalb ist das meiste rundum gerodet. Dafür geht es recht rasch weiter. Am Nachmittag erreichen wir dann Coyhaique, den Hauptort dieser Region. Wir erkundigen uns zuerst in der Touristeninfo, da wir überlegen, einen kleineren Grenzübergang zu wählen, und werden zur Polizei geschickt. Dort werden wir sehr freundlich informiert: Um diese Grenze zu überqueren, müssten wir die Papiere hier bestätigen lassen, was aber am Sonntag nicht möglich ist. Letztendlich ist das aber nicht so wichtig. Wir finden dann noch ein Lokal mit Kaffee und Kuchen – endlich einmal richtige Schokoladentorte! So gestärkt können wir noch ein Stück weiterfahren, vor allem, da das Wetter inzwischen richtig schön ist.
Zunächst geht es durch langweiliges landwirtschaftliches Gebiet, das Gestein ist vulkanisch, manches erinnert ein bisschen an Irland oder sogar Island. Doch dann schwenkt die Strecke wieder in die Berge und führt über einen Pass, hier ist wieder NP und die Vegetation ist gleich entsprechend schöner. Leider sehen wir keine Huemules (Andenhirsche), die es hier noch geben soll. Dafür genießen wir dann einen sehr schönen Blick auf das Massiv des Cerro Cristallo, wenn auch im Gegenlicht.

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Da es spät genug ist, wollen wir in Villa Cerro Cristallo übernachten, hier soll es laut Reiseführer ein paar Quartiere geben. Die ersten, die wir finden, haben aber geschlossen. Im einzigen offenen Lokal – einem Fastfood-Bus – hilft man uns weiter, eine Dame wird angerufen, die eine Cabana vermietet. Die nehmen wir dann auch, obwohl sie sehr einfach ausgestattet ist, aber wenigstens mit Ofen. Zu essen gibt es im Ort auch nichts mehr (Sonntag und Vorsaison), sodass ich wenigstens in der einfachen Küche Nudeln kochen kann. Das wäre aber auch nicht möglich, wenn ich nicht selbst Kochgeschirr hätte. Zum Glück sind wir nicht sehr hungrig.

Montag, 26.11.: Das Beste an unserem Quartier ist der Blick direkt auf die schönen Berge dahinter. Auch schlafen wir gar nicht schlecht, obwohl das Bett zu weich ist. Nach dem Frühstück geht es wieder weiter: Gleich am Ortsrand befindet sich die Cueva de los manos. Sie ist ausreichend beschildert, sodass wir den richtigen Feldweg finden. Man muss ein paar hundert Meter auf einem gut angelegten Weg mit Infotafeln hinaufsteigen zu einer überhängenden Felswand, an der auch die Raubvögel kreisen. Dort kann man in aller Ruhe prähistorische Handabdrücke, die meisten sollen etwa 3000 Jahre alt sein, betrachten. Außer uns ist niemand unterwegs, auch das Kassenhäuschen ist nicht besetzt. Nicht nur kulturell, auch landschaftlich ist dieser Spaziergang wunderschön. Das Wetter ist freundlich, sonnig und mild.
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Leider ändert sich das wieder auf der Weiterfahrt, es ziehen dichte, hohe Wolken auf und es wird windig. Die nächsten 120km auf Schotter sind zum Teil landschaftlich wunderschön, es geht entlang von Natur belassenen Flüssen dahin, im Hintergrund immer hohe Berge. Die Straßenqualität ist jedoch teilweise recht mühsam mit vielen Schlaglöchern.
Nach etwa 100 km erreichen wir den Lago General Carrera. Zu unserem Glück stoßen wir auch gleich auf eine hübsche Hosteria, in der wir ein gutes Mittagessen (Rindsuppe, Rindfleisch mit Gemüse, Pudding) bekommen.
Wieder ein Stück später erreichen wir nach einem weiteren Fotostopp dann Puerto Rio Tranquilo, unser vorläufiges Tagesziel. Zunächst informieren wir uns über die Bootstouren zu den Marmorgrotten für den nächsten Tag, was problemlos möglich zu sein scheint. Dann suchen wir ein Quartier. Obwohl der Ort sehr klein ist, umkreisen und durchqueren wir ihn mehrmals. Das beste Hotel ist zu teuer – kleine, gewöhnliche Zimmer, wenn auch neu und gut eingerichtet um mehr als 100€! Das zweite ist nicht besonders schön und auch eher teuer, dort trinken wir immerhin brauchbaren Kaffee. Das dritte schließlich ist billig genug, wenn auch einfach. Auch gibt es dort Internet. Trotzdem wollen wir uns zunächst nicht festlegen, wir überlegen, ob wir noch in ein Seitental (Urwald und Gletscher) fahren sollen, doch das Wetter ist unfreundlich. Als wir uns dann doch fürs Dableiben entscheiden, ist dieses Quartier ausgebucht. So schauen wir uns einen empfohlenen Campingplatz an – und das ist dann ideal: Er liegt wunderschön auf einer Wiese mit Bäumen am Seeufer, jeder Platz hat einen Windschutz, was auch dringend nötig ist, denn es ist sehr stürmisch geworden. Also schlagen wir unser Zelt auf und rasten ein wenig. Außerdem genießen wir die Aussicht und fotografieren Orchideen. Danach fahren wir noch einmal in den „Ort“, um einzukaufen. Es gibt zwei Supermärkte, dort bekommen wir Bier, Käse und Wein. Danach versuchen wir, Fleisch zu kaufen: Die erste Empfehlung ist ein Restaurant, die zweite ein Fleischer, wo niemand öffnet, wir fragen mehrmals nach, bis wir in wieder einer anderen Gasse einen (dritten) Fleischerladen entdecken, wo uns jemand bedient. Es gibt nur Rindfleisch (Lomo), aber das passt schon zum Grillen. Auch die Bäckerei mit den Einheitsbrötchen entdecken wir am Ortsrand. Die Einkaufsrunde hat dann etwa eine Stunde gedauert und wird auch unter „besondere Landeseindrücke“ abgespeichert.
Wieder am Campingplatz machen wir ein Grillfeuer und Salat. Mit frischem kaltem Bier wird es ein gutes Abendessen, wir futtern das ganze große Steak auf. Unterbrochen werden wir nur vom überraschend schönen Abendlicht. Es ist wunderbar, dass der Campingplatz so toll liegt, so brauchen wir nicht weit zu gehen für schöne Fotos!

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Dienstag, 27.11.: Leider bleibt es über Nacht stark windig, der See brandet kräftig ans Ufer. Auch in der Früh ist es bewölkt und windig, die Wellen haben zum Teil Schaumkronen. Schließlich raffen wir uns auf, frühstücken, packen zusammen und sind gegen 10 Uhr beim Touranbieter. Dieser meint (wenig überraschend), dass das Wetter nicht schlecht sei, es nicht viel mache, wenn der Wind aus Norden komme und die Tour kein Problem sei. Also sitzen wir bald im großen, offenen Plastikboot und pflügen durch die Wellen. Es geht gut 15 Minuten quer über die Bucht, das reicht auch ziemlich. Zum Glück liegen die Marmorfelsen in ruhigen Buchten. Hier ist das Wasser schön ruhig und türkisgrün. In manche der Höhlen kann man ein Stück hineinfahren. Faszinierend sind die ausgewaschenen Strukturen und Farben, vor allem beim Höhepunkt, der sogenannten Kathedrale. Dort gibt es besonders schöne Farben und dünne Säulen. Insgesamt bieten sich unzählige Motive und es ist wirklich ein besonderes Erlebnis, vor allem, da es nicht nur eine Grotte ist, sondern die ganze Küste hier aus ausgehöhltem Marmor besteht. Wir sind jedenfalls echt begeistert und beeindruckt.
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Weniger angenehm ist dann die Rückfahrt gegen den Wind. Die Wellen sind noch höher und kommen zum Teil von der Seite, einige spritzen ins Boot, ich habe zum Glück die Regenjacke an, aber meine Hose wird triefend nass, was doch ziemlich kalt ist. Jedenfalls bin ich heilfroh, als wir wieder anlegen. Wieder in trockenen Sachen, ist es gleich viel angenehmer!
Inzwischen ist es 12 Uhr und wir haben von der wilden Bootstour Hunger bekommen, doch leider gibt es vor 1 Uhr noch nicht zu essen. Also fahren wir weiter, in der Hoffnung, vielleicht wieder irgendwo auf eine Hosteria zu stoßen. Die Straße ist zunächst sehr gut, die Landschaft nicht schlecht, allerdings ist der Vordergrund rund um den See nicht besonders schön, überall sind große Rodungsflächen zu sehen. Die hier übliche Form der Brandrodung ist hässlich und führt auch zu deutlichen Erosionen. Wirklich schön ist dann der Blick in ein Seitental, wenig später biegen wir auch zum Rio Baker ab.

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Dieser Abschnitt, vor allem entlang am See Lago Bertrand, ist recht schön. Weniger angenehm ist, dass es auch im nächsten Ort Puerto Bertrand nichts zu essen gibt. Am Fluss liegen zahlreiche Fishing Lodges, aber überall ist noch Baustelle oder der Koch hat gerade seinen freien Tag. Also müssen wir uns an unsere Vorräte – Bananen und ziemlich alte Brötchen mit Wurst und Käse – halten.
Danach spazieren wir zu den Saltos de Baker, einer großen Stromschnelle. Hier haben wir auf einmal blauen Himmel und Sonnenschein, kein Wind, es ist auf einmal richtig heiß! Der Fluss und der Blick darüber hinweg zu den Bergen sind durchaus schön, wenn auch vielleicht nicht wirklich sensationell.

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Nun müssen wir wieder 30km zurückfahren, dann schwenken wir wieder auf die Seeumrundung ein. Nach 10km auf sehr schlechter Straße (wieder einmal eine Baustelle) ist Puerto Guadal erreicht, gleich danach ist die Terra Luna Lodge, die allgemein empfohlen wird. Wir schauen uns um und werden sehr freundlich empfangen. Zur Wahl stehen ein kleines Hüttchen mit Betten im Dachgiebel (irgendwie herzig, aber etwas unbequem) und ein „Baumhaus“ – diese Cabana ist äußerst reizvoll, der Blick ist wirklich toll. Wir erreichen sogar einen leichten Preisnachlass und schlagen dann zu, es ist wieder einmal Zeit für etwas Besonderes, und für dieses Niveau und diese Lage sind 100€ wohl ok.

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So können wir dann einige Zeit im Liegestuhl mit tollem Blick auf die 4000er der Umgebung und den türkisfarbigen See verbringen!
Auch das Abendessen ist gut, wenn auch einfach. Dafür haben wir den besten Blick, den man sich vorstellen kann. Herrlich!
Auch den weiteren Abend in unserem Baumhaus genießen wir sehr, da auch ein Holzofen vorhanden ist, sodass wir ein nettes Feuerchen haben.

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Mittwoch, 28.11.: Wir schlafen herrlich, nur das Geschrei der Ibisse in der Früh stört ein wenig. Das Frühstück ist auch wieder mit Blick auf die Berge angerichtet, allerdings macht es die offene Terrassentür doch ein wenig kühl. Es ist ganz ordentlich für chilenische Begriffe.
Nachdem wir dann noch ein bisschen geplaudert, die Emails gecheckt und Kätzchen und jungen Hund gekrault haben, brechen wir gegen ½ 11 Uhr auf.

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Tatsächlich ist die weitere Fahrtstrecke entlang des Sees sehr schön, es gibt immer wieder tolle Panoramablicke. Allerdings geht es auch ständig bergauf und –ab, die Straßenqualität ist wechselhaft, wird aber gegen Schluss doch zunehmend besser. Die Landschaft ändert sich wieder einmal deutlich, die Vegetation ist macchiaartig und zunehmend spärlich, die Hügel werden niedriger und sind bunt gefärbt, in dieser Gegend gibt es auch einige Minen. Die hohen Berge sind bereits wieder in die Ferne gerückt.

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Um ½ 2 Uhr sind wir dann im Grenzort Chile Chico, wo wir uns eine Pizza gönnen, auf die wir aber recht lange warten müssen. Sie ist nicht schlecht und reich belegt, der Teig ist aber nicht frisch gebacken. Dafür gibt es nachher noch guten Kuchen und Kaffee.
Ein wenig später ist die Grenze zu Argentinien erreicht, beide Grenzformalitäten sind wieder problemlos, wenn auch nicht übermäßig schnell erledigt. Dann heben wir noch Geld ab, danach geht es auf sehr guter Asphaltstraße in die argentinische Pampa.
Ein weiterer Stopp ist in der kleinen Stadt Perito Moreno nötig, wo wir tanken und einkaufen. Da es laut Landkarte an unserer Strecke Tankstellen geben soll, sind wir blöd genug, den Kanister nicht neu aufzufüllen, obwohl der Sprit hier gerade recht billig ist.
Dann fahren wir südwärts, wir wollen sehen, wie weit wir noch kommen. Überraschend und erfreulich ist, dass die nächsten 300km überwiegend asphaltiert sind. Unterbrochen wird die flotte Fahrt nur durch einen Fotostopp (Gürteltier und bunte Felsen), einige Male langsam fahren wegen zahlreicher Guanacos und Nandus und dem illegalen Versuch, ein Stück auf einer neu asphaltierten Straße zu fahren statt daneben her zu holpern. Alle anderen Autos, die dort vor uns fahren, dürften also zu den Bauarbeiten gehören (?), wir werden jedenfalls wieder ein paar Kilometer zurückgeschickt.

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Schließlich erreichen wir gegen ½ 9 Uhr eine Straßenkreuzung, von der es nur noch 20km zu einer Hacienda sind, die Übernachtungsmöglichkeiten bietet und im Reiseführer erwähnt ist. Die andere Strecke wäre länger, würde aber in einen Ort führen. Die Entscheidung ist eher gefühlsmäßig, obwohl wir eigentlich zu wenig Benzin haben (es gab nämlich die letzten 200km doch keine Tankstelle), fahren wir die kürzere, aber einsamere Route. Die Hacienda erreichen wir dann nach gut 30km gegen ½ 10 Uhr abends, natürlich sind wir jetzt schon ordentlich müde. Dort werden wir aber ganz herzlich empfangen. Es gibt sehr schöne Zimmer, beim Preis funktioniert aber das Hirn auch nicht mehr, wir wundern uns nur, dass es so billig erscheint – dabei geht es um Dollar, nicht um Pesos, wie uns nachher klar wird. So ist es also keine billige Übernachtung, dafür eine sehr angenehme. Wir bekommen nämlich auch noch etwas zu essen und zwar ausgezeichneten Lammbraten! Auch der Hauswein dazu (Cabernet Sauvignon, Mendoza) ist großartig. Und dann plaudern wir noch recht lange mit der „Sommerangestellten“, die ausgezeichnet Englisch spricht. Eigentlich ist sie Webdesignerin, sie arbeitet hier sozusagen als „Urlaub“. Es wird ein langer, aber sehr netter Abend!

Donnerstag, 29.11.: Auch das Frühstück ist angenehm, wenn auch typisch südamerikanisch-bescheiden, wenigstens gibt es guten frischen Orangensaft und Kaffee.
Was aber noch wichtiger ist, der Haciendero verkauft uns auch 20 Liter Benzin und informiert uns, dass die nächste Tankstelle an der Strecke meist keinen hat.
Danach folgt ein anstrengender Straßenabschnitt, gut 180 km auf Schotter, wieder einmal in wechselnder Qualität, manchmal sehr tief und unruhig, dann wieder schön planiert. Das letzte Stück ist wieder entlang einer Baustelle, was meist recht holprig ist, außerdem ist es frustrierend, wenn man neben einer offensichtlich fertigen Asphaltstraße dahinfahren muss.
Landschaftlich ist das Gebiet nicht besonders reizvoll, man kann stundenlang die patagonische Weite erleben. Es ist schon eine eigene Erfahrung, auch da die Strecke recht einsam ist. Was wir allerdings sehen, ist eine Gruppe von Radfahrern ohne Gepäck, verstreut auf gut 30km, offensichtlich extreme Individualisten (bei der Nationalität kann man eigentlich nur auf Deutsche tippen). Welcher Touranbieter so etwas anbietet? Gefühlsmäßig würde ich sagen, dass Training auf dem Heimtrainer noch mehr Abwechslung bietet als diese Strecke, wenn man von den unterschiedlichen Schotterarten unter den Rädern absieht.
Schließlich kommen wir wieder auf Asphalt, passieren die Tankstelle ohne Treibstoff (stimmt) und fahren endlich wieder auf die Berge zu. Das Wetter ist zwar bewölkt, aber nicht sehr windig und angenehm warm. Wir machen nur einen kurzen Jausenstopp, dann nähern wir uns flott dem Fitz Roy, der schon gut sichtbar ist. 100 km geht es fast schnurgerade auf das Gebirge zu, neben der Straße immer noch Halbwüste, vor uns Gletscher bis herunter und hohe Bergspitzen – absolut faszinierend!

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Am Nachmittag sind wir im Touristenort El Chalten. Wir steuern eine empfohlene Herberge, eine Mischung von Jugendherberge und Hostel, an und bekommen ein sehr schönes Doppelzimmer, das ganz neu aussieht. Danach tanken wir, sehen uns ein wenig um und gönnen uns Kaffee und Kuchen – hier auch nicht gerade billig. Dabei plaudern wir lange mit einer netten Amerikanerin. Inzwischen ist es noch sonniger und wärmer geworden, was sich recht angenehm anfühlt. Bis zum Abendspaziergang zu einem Aussichtspunkt können wir aber noch ein wenig ausruhen.
Der Aussichtsspaziergang erweist sich dann als sehr lohnend. Schon bald gibt es einen Blick auf Ort und Berge, dann geht es zunächst vom Panorama weg. Aber schlussendlich gibt es eine tolle Aussicht auf die gesamte Umgebung – vom Gletschersee Lago Viedma über den Cerro Torre bis zum Fitz Roy – mit schönem Vordergrund, blühenden Büschen und windgepeitschten Bäumen. Wir fotografieren ausgiebig bis zum Sonnenuntergang (ca. 9 Uhr abends) und sind also erst wieder gegen 10 Uhr im Albergue.

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Da ich gestern Faschiertes gekauft habe, benütze ich die Küche und mache uns noch Spaghetti. Danach ist es spät genug, dass wir müde ins Bett fallen.
Freitag, 30.11.: Wir schlafen gut und frühstücken auch recht gut, hier ist ein „amerikanisches Frühstück“ includiert, was zumindest Eierspeise, ein bisschen Auswahl an Cereals und zwei Sorten Brot bedeutet, auch Schinken und Käse gibt es, also doch deutlich mehr als sonst üblich. Das Wetter ist schön, aufgelockert bewölkt mit spürbarem Wind, aber kein Sturm.
Ungefähr um 10 Uhr marschieren wir auf dem „Sendero Fitz Roy“ los. Auf gut angelegtem Weg geht es zügig bergauf, bald ist ein erster Aussichtspunkt auf das Flusstal erreicht, allerdings ein windiges Plätzchen. Zum Glück führt der Weg auch teilweise durch Wald, wo man auch gut Spechte beobachten kann.

BlumenSpechte
Nach etwa 1 ½ Stunden sehr abwechslungsreicher Wanderung mit einem Aufstieg von ca. 400 Hm ist die Laguna Capri erreicht, wo es auch einen schönen Blick auf den Fitz Roy gibt. Jetzt ist es genau Mittag und das Wetter ist sehr angenehm, wir wollen also noch nicht zurückgehen. Auch der Weiterweg – immer auf die gewaltigen Berge zu – ist sehr schön und noch dazu ziemlich flach. Nach einer Stunde biegen wir ab in ein Seitental.
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Hier führt der Weg entlang von zwei Seen meist durch Busch- und Hochwald, stellenweise gibt es auch Moorgebiete. Das Stück ist lang, aber gut zu gehen, der Weg ist bequem und eben. Ein Abstieg bringt uns dann in das Tal, das zum Lago und Cerro Torre führt. Von einem Aussichtspunkt genießen wir dann den Blick über den grünen Wald zu den Felstürmen. Für einen Abstecher zum Gletschersee sind wir aber schon ein bisschen zu müde. Auch der Rückweg dauert noch, zunächst geht es flach Tal auswärts, ein Anstieg bringt uns dann wieder zu einem tollen Aussichtspunkt, dem Mirador Cerro Torre, der seinem Namen gerecht wird.
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Das letzte Wegstück zieht sich dann etwas, da es doch noch einige Male auf und ab geht, wenn auch wieder mit schönen Blicken. Aber kurz nach 5 Uhr nachmittags sind wir dann wieder in El Chalten. Da unser Weg an einer Kleinbrauerei vorbeiführt, können wir nicht widerstehen, wir sind eh schon sehr durstig, da es beim Gehen vor allem am Schluss ziemlich warm war. Das Bier ist gut, aber zu teuer (ca. 4,50€ für ein Seidel, das ist ja ärger als in Obertauern …).
Bier
Danach sind wir froh über unser gutes Zimmer mit Dusche und bequemem Bett! Zum Abendessen landen wir schließlich im Lokal, das zum Albergue gehört, was eine gute Entscheidung ist, denn das Steak ist ausgezeichnet und ziemlich groß. Hier gibt es auch wieder Bier in Literflaschen zu anständigen Preisen. Sehr müde, aber sehr zufrieden mit der großartigen Wanderung fallen wir ins Bett: Immerhin haben wir an einem Tag die schönsten Aussichtspunkte der Gegend hier besucht.

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Samstag, 1. Dezember 2012

Carretera Austral

Mittwoch, 21.11.: In der Nacht regnet es heftig, wir sind froh, nicht gezeltet zu haben. Um 9.30 sollen wir bei der Rampe für die Fähre sein, es ist genug Zeit zum Frühstücken, weiteres Gebäck zu kaufen (auf Nachfrage gibt es frische Einheitsbrötchen) und zu warten. Ein Empanadaverkäufer verkürzt die Wartezeit, es stellt sich heraus, dass es gut war, hier noch etwas zu essen, da wir dann nicht mehr gut zu unseren Vorräten vordringen können! Wir werden als erstes auf die Fähre geladen. Danach verzögert sich die Abfahrt, bis ein Autobus eintrifft und dann mit Mühe eingeschifft wird. Schließlich beginnt die Fahrt durch den Fjord. Das Wetter ist wechselhaft, wir können aber immer wieder eine Zeit an Deck verbringen und die Landschaft betrachten. Bei Regenschauern verziehen wir uns ins Auto und lesen. Aufenthaltsraum ist nur in sehr bescheidenem Maß vorhanden. Vor allem das letzte Stück der Fahrt ist landschaftlich sehr schön mit Blick auf hohe Berge und Wasserfälle. Auch kommt man leicht ins Plaudern mit anderen Touristen, darunter drei Radfahrer.
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Nach der Bootsfahrt geht es 10km auf schmaler Schotterstraße weiter, dann folgt eine zweite Fähre, die auch gut 40 Minuten benötigt, bis wir Caleta Gonzalo erreichen. Hier erwartet uns zunächst eine Enttäuschung: Sowohl das Infozentrum als auch das Café des NP Pumalin sind geschlossen. Das passt nicht zur viel gerühmten Infrastruktur dieses Parks!! So fahren wir halt einfach weiter bis zum ersten Zeltplatz. Dieser ist zum Glück offen (Klos, Wasser), ein Plätzchen von den fünf vorhandenen wird für uns frei gemacht, da sich drei Tramper über drei Zeltstellen verteilt hatten, sie sind aber recht freundlich, wenn man von ihren zweifelhaften musikalischen Künsten auf Didgeridoo und Trommel absieht.

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Das Wetter ist inzwischen ganz gut, es hat aufgelockert, ist aber sehr kalt, die Schneegrenze (frischer Neuschnee) ist nicht allzu weit entfernt, vielleicht so auf 800m Seehöhe. Zunächst ist einmal essen nötig. Kochen und Aufenthalt ist durch überdachte Essplätze recht gut möglich. Es gibt wieder einmal die klassischen Thunfischspaghetti, der Thunfisch ist allerdings nicht besonders gut (offensichtlich die zu billige Variante gewählt), aber wir werden satt, vor allem mit Käse hinterdrein. Auch der Rotwein hilft. Da es immer noch hell und fast sonnig ist, gehen wir noch zu einem Wasserfall (erstes Stück der Cascadas Encondidas), der Weg ist schön angelegt durch den Regenwald, am Schluss geht es über Holzleitern ein bisschen abenteuerlich hinunter. Der Wasserfall ist sehr schön, weil er gerade in einen Kessel fällt, der dicht überwuchert ist.
Danach ist uns schön warm und wir kuscheln uns ins Zelt.

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Donnerstag, 22.11.: Frühstück und Zeltabbau funktioniert im Trockenen, doch dann beginnt es leicht zu regnen. Wir schaffen noch den kurzen Rundweg „Los Alerces“, der uns zu sehr schönen, uralten Alerce-Bäumen führt. Diese ursprüngliche Zypressenart kann tausende Jahre alt werden, ist aber ziemlich ausgerottet, nur noch in den NP stehen alte Exemplare. Wieder ist der Wald beeindruckend schön, obwohl es allmählich feucht wird, weshalb es hier ja Regenwald heißt.
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Wir fahren langsam durch den NP Richtung Chaiten, doch es bleibt zunächst regnerisch. In Chaiten essen wir dann gut und sehr reichlich zu Mittag – eine riesige Portion Lachs (wirklich gut!!), schauen uns ein Quartier an, sind aber noch nicht ganz sicher, bleiben zu wollen. Inzwischen gibt es nämlich ein Wolkenloch und die Sonne scheint. Deshalb fahren wir etwa 20km in den NP zurück, bis zu der Stelle, wo man die Zerstörungen sieht, die der Vulkan Chaiten vor 4 Jahren angerichtet hat. Man kann deutlich erkennen, wo Schlammlawinen heruntergekommen sind und die Bäume verbrannt sind. Dazwischen wuchert aber wieder frische Vegetation, die Natur erholt sich von Naturkatastrophen immer recht rasch.

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Mit einigen weiteren Fotostopps ist es inzwischen 6 Uhr vorbei. Wir entscheiden uns, 25km weiter zu den Termas Amarillo zu fahren, wo es auch Campingmöglichkeit und ein B&B geben soll. Bei den Thermen werden wir eher unfreundlich behandelt, als wir nach Übernachtungsmöglichkeiten fragen, wir setzen uns aber durch und kommen zu dem kleinen Privatquartier, das nur durch das Thermengelände zugänglich ist. Hier kann man ein riesiges Zimmer für 4 Personen mieten, wir bekommen aber Preisnachlass, sodass wir bleiben. Ein Holzofen wird eingeheizt, der Blick aus dem Fenster auf den Fluss ist wunderschön. Das Beste ist aber das private Thermalbad im Haus. Das heiße Wasser können wir ganz für uns alleine genießen, was wir auch ausgiebig tun. Sehr nett ist auch, dass sich die Hausherrin sehr bemüht, mit mir zu plaudern, sie spricht ganz langsam. So viel Spanisch wie hier habe ich sonst auf der ganzen Reise noch kaum gesprochen und verstanden, das ist echt erfreulich!!

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Danach gönnen wir uns noch ein paar Cracker mit Käse und Bier vor dem Feuer und sind sehr zufrieden mit unserer Quartierwahl. Auch haben wir trotz des Wetters einen sehr guten Eindruck vom Pumalin-Park gewonnen. Die Luftfeuchtigkeit hier ist ja auch nicht überraschend, mit gut 5000mm jährlich gehört diese Ecke zu den regenreichsten dieser Erde.

Freitag, 23.11.: In der Früh schüttet es, wieder war die Entscheidung, nicht zu zelten wohl die bessere, auch, weil es hier ein sehr gutes Frühstück gibt. Danach fahren wir gemütlich weiter, kleinere Auflockerungen geben den Blick auf die Berge frei. Gegen Mittag halten wir beim Weg zum Yelcho-Gletscher, es regnet leicht. Schließlich überwinden wir uns und unternehmen die Wanderung, auf der wir den Regenwald wirklich hautnah kennenlernen. Der angelegte Weg ist zunächst sehr schlammig. Schön ist ein Blick über den Gletscherfluss, es sieht ein bisschen nach Auflockerungen aus. Ab der Hälfte des Weges wird der Pfad aber immer schmaler, man wird also von allen Seiten nass, die Regenjacke schützt zwar, aber dafür schwitzen wir, obwohl es nicht gerade warm ist. Einige Stellen sind so zugewachsen, dass man nur gebückt durchkommt. Aber irgendwie ist es auch faszinierend so durch den dichten Wald zu gehen. Es wächst hier viel Bambus, Nalca-Pflanzen und überall blühen Fuchsien. Nach etwas mehr als einer Stunde Gehzeit endet der Weg, man sieht über die Moräne zum Gletscher. Er ist eigentlich schön blau, aber auch hier ist der Rückgang deutlich zu erkennen. Der obere Teil und die Berggipfel verstecken sich weiterhin in Wolken, obwohl es nun schon recht sonnig ist. Trockener wird der Rückweg durch das bisschen Sonne dann aber auch nicht. Beim Auto ziehen wir uns also komplett um, bevor wir ein Stück weiterfahren und picknicken.
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Die weitere Strecke ist landschaftlich sehr schön, das Fortkommen wird aber durch mehrere Baustellen, bei denen man immer ziemlich lange den Baggern zusehen darf, gebremst. Die Straßenqualität ist grundsätzlich nicht schlecht, es gibt aber immer wieder unangenehme und überraschende tiefe Schlaglöcher. Bei einem Bauernhof am Wegesrand gibt es schließlich Kaffee, was recht willkommen ist, aber leider nichts dazu, weil Vorsaison.

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Während der Weiterfahrt bessert sich das Wetter zusehends, einige Ausblicke und Fotostopps sind also wieder möglich. Die Landschaft ist geprägt von wunderschönen, Natur belassenen Flüssen (wie lange noch? Die E-Wirtschaft scharrt hier schon in den Startlöchern), dahinter Berge mit Gletschern und frischem Schnee.

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Gegen 7 Uhr abends kommen wir in Puyuhuapi an, der kleine Ort liegt schön an einem Fjord und ist als deutsche Pioniergründung aus dem Jahr 1935 auch historisch interessant. Auch bekommen wir problemlos ein Zimmer in der empfohlenen Casa Ludwig, ein großes Holzhaus, das von einem der vier Ortsgründer gebaut wurde und das seine Tochter heute führt. Es ist sehr gemütlich und ordentlich hier. Zum Abendessen gehen wir ins Café Rossbach (die Siedler stammten aus Rossbach, einem sudetendeutschen Ort), dort speisen wir zwar ganz alleine, aber gut, nämlich feines Steak mit Gemüse bzw. Ravioli Sorrentino, wirklich einmal eine Abwechslung. Auch gibt es ausgezeichneten Kuchen, Christian hatte ohnehin schon ein deutliches Kuchen-Defizit, und Espresso.

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Samstag, 24.11.: In der Früh regnet es, es schaut aber nach Wetterbesserung aus und auch die Prognose für die nächsten Tage ist recht gut. So beschließen wir, hier eine zweite Nacht zu bleiben und heute nur einen Ausflug zum Ventisquero Colgante (auch ein Gletscher) und zu nahe gelegenen Thermen zu machen. Auf diese Weise kann ich auch wieder das Tagebuch nachschreiben!
Auf dem Weg zum Ventisquero Colgante, der zum NP Queulat gehört, lockert es ein wenig auf. Wir ersparen uns wieder den Eintritt dank unseres Passes. Zunächst führt ein Weg in gut 5 Minuten zu einem Aussichtspunkt. Man sieht über das Flusstal und im Hintergrund den Hängegletscher mit seinem großen Wasserfall.
Danach unternehmen wir die hier übliche Wanderung. Nach einer Hängebrücke über den Gletscherfluss geht es im Zickzack recht steil bergauf und dann etwas bequemer am Kamm entlang. Die Vegetation ist wieder sehr schön, typischer Regenwald, viele Bäume sind dicht bemoost, man sieht und hört auch einige Vögel, wir sehen etwa wieder einen Kolibri. Nach etwas mehr als einer Stunde ist das Ziel erreicht. Von einer Aussichtsplattform sieht man gut auf Gletscher und Wasserfall. Wieder ist der Kontrast von Regenwald und eher feucht-warmem Wetter und Gletscher besonders beeindruckend, obwohl es hier am Aussichtspunkt deutlich kühler ist. Wir halten uns aber nicht lange auf, es gibt nur einen Blick, aber dafür eine ganze Schulklasse, die hier Pause macht. Zurück geht es recht flott.

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Anschließend überlegen wir, die Thermen zu besuchen. Leider hat das Restaurant dort zu, sodass wir uns doch dagegen entscheiden, nur zum Baden sind wir zu hungrig. Auch ist der Eintritt zu teuer, etwa 20€ und die ganze Anlage ist direkt neben der Straße. In Puyuhuapi ist gerade eine große Aktion im Gang: Eine alte Dampfmaschine, die in der Wiese vor sich hin rostet, wird geborgen und auf der Plaza aufgestellt. Das halbe Dorf inclusive Fanfarenzug ist versammelt. Das Zusehen wird uns aber doch zu lange, deshalb begeben wir uns wieder ins Café Rossbach, diesmal zu Kaffee und Kuchen.

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Danach rasten wir uns ein bisschen aus, bis es Zeit für ein Abendessen ist. Da wir nicht zum dritten Mal ins selbe Lokal gehen wollen, nehmen wir das erste im Ort, was sich leider nicht als gute Wahl herausstellt, denn es ist für die gebotene Qualität zu teuer. Dafür plaudern wir sehr nett mit einem französischen Ehepaar, da sie gut deutsch spricht. Auch der Abend in der Casa Ludwig ist sehr gemütlich – vor dem Ofen mit der Hauskatze am Schoß.