Samstag, 1. Dezember 2012

Carretera Austral

Mittwoch, 21.11.: In der Nacht regnet es heftig, wir sind froh, nicht gezeltet zu haben. Um 9.30 sollen wir bei der Rampe für die Fähre sein, es ist genug Zeit zum Frühstücken, weiteres Gebäck zu kaufen (auf Nachfrage gibt es frische Einheitsbrötchen) und zu warten. Ein Empanadaverkäufer verkürzt die Wartezeit, es stellt sich heraus, dass es gut war, hier noch etwas zu essen, da wir dann nicht mehr gut zu unseren Vorräten vordringen können! Wir werden als erstes auf die Fähre geladen. Danach verzögert sich die Abfahrt, bis ein Autobus eintrifft und dann mit Mühe eingeschifft wird. Schließlich beginnt die Fahrt durch den Fjord. Das Wetter ist wechselhaft, wir können aber immer wieder eine Zeit an Deck verbringen und die Landschaft betrachten. Bei Regenschauern verziehen wir uns ins Auto und lesen. Aufenthaltsraum ist nur in sehr bescheidenem Maß vorhanden. Vor allem das letzte Stück der Fahrt ist landschaftlich sehr schön mit Blick auf hohe Berge und Wasserfälle. Auch kommt man leicht ins Plaudern mit anderen Touristen, darunter drei Radfahrer.
20121121_CHR673020121121_CHR674220121121_CHR675620121121_CHR6759
Nach der Bootsfahrt geht es 10km auf schmaler Schotterstraße weiter, dann folgt eine zweite Fähre, die auch gut 40 Minuten benötigt, bis wir Caleta Gonzalo erreichen. Hier erwartet uns zunächst eine Enttäuschung: Sowohl das Infozentrum als auch das Café des NP Pumalin sind geschlossen. Das passt nicht zur viel gerühmten Infrastruktur dieses Parks!! So fahren wir halt einfach weiter bis zum ersten Zeltplatz. Dieser ist zum Glück offen (Klos, Wasser), ein Plätzchen von den fünf vorhandenen wird für uns frei gemacht, da sich drei Tramper über drei Zeltstellen verteilt hatten, sie sind aber recht freundlich, wenn man von ihren zweifelhaften musikalischen Künsten auf Didgeridoo und Trommel absieht.

20121121_CHR678220121121_CHR6793
Das Wetter ist inzwischen ganz gut, es hat aufgelockert, ist aber sehr kalt, die Schneegrenze (frischer Neuschnee) ist nicht allzu weit entfernt, vielleicht so auf 800m Seehöhe. Zunächst ist einmal essen nötig. Kochen und Aufenthalt ist durch überdachte Essplätze recht gut möglich. Es gibt wieder einmal die klassischen Thunfischspaghetti, der Thunfisch ist allerdings nicht besonders gut (offensichtlich die zu billige Variante gewählt), aber wir werden satt, vor allem mit Käse hinterdrein. Auch der Rotwein hilft. Da es immer noch hell und fast sonnig ist, gehen wir noch zu einem Wasserfall (erstes Stück der Cascadas Encondidas), der Weg ist schön angelegt durch den Regenwald, am Schluss geht es über Holzleitern ein bisschen abenteuerlich hinunter. Der Wasserfall ist sehr schön, weil er gerade in einen Kessel fällt, der dicht überwuchert ist.
Danach ist uns schön warm und wir kuscheln uns ins Zelt.

20121121_CHR680420121121_CHR6821
Donnerstag, 22.11.: Frühstück und Zeltabbau funktioniert im Trockenen, doch dann beginnt es leicht zu regnen. Wir schaffen noch den kurzen Rundweg „Los Alerces“, der uns zu sehr schönen, uralten Alerce-Bäumen führt. Diese ursprüngliche Zypressenart kann tausende Jahre alt werden, ist aber ziemlich ausgerottet, nur noch in den NP stehen alte Exemplare. Wieder ist der Wald beeindruckend schön, obwohl es allmählich feucht wird, weshalb es hier ja Regenwald heißt.
20121122_CHR685320121122_CHR684020121122_CHR6867
Wir fahren langsam durch den NP Richtung Chaiten, doch es bleibt zunächst regnerisch. In Chaiten essen wir dann gut und sehr reichlich zu Mittag – eine riesige Portion Lachs (wirklich gut!!), schauen uns ein Quartier an, sind aber noch nicht ganz sicher, bleiben zu wollen. Inzwischen gibt es nämlich ein Wolkenloch und die Sonne scheint. Deshalb fahren wir etwa 20km in den NP zurück, bis zu der Stelle, wo man die Zerstörungen sieht, die der Vulkan Chaiten vor 4 Jahren angerichtet hat. Man kann deutlich erkennen, wo Schlammlawinen heruntergekommen sind und die Bäume verbrannt sind. Dazwischen wuchert aber wieder frische Vegetation, die Natur erholt sich von Naturkatastrophen immer recht rasch.

20121122_CHR690420121122_CHR688020121122_CHR6897
Mit einigen weiteren Fotostopps ist es inzwischen 6 Uhr vorbei. Wir entscheiden uns, 25km weiter zu den Termas Amarillo zu fahren, wo es auch Campingmöglichkeit und ein B&B geben soll. Bei den Thermen werden wir eher unfreundlich behandelt, als wir nach Übernachtungsmöglichkeiten fragen, wir setzen uns aber durch und kommen zu dem kleinen Privatquartier, das nur durch das Thermengelände zugänglich ist. Hier kann man ein riesiges Zimmer für 4 Personen mieten, wir bekommen aber Preisnachlass, sodass wir bleiben. Ein Holzofen wird eingeheizt, der Blick aus dem Fenster auf den Fluss ist wunderschön. Das Beste ist aber das private Thermalbad im Haus. Das heiße Wasser können wir ganz für uns alleine genießen, was wir auch ausgiebig tun. Sehr nett ist auch, dass sich die Hausherrin sehr bemüht, mit mir zu plaudern, sie spricht ganz langsam. So viel Spanisch wie hier habe ich sonst auf der ganzen Reise noch kaum gesprochen und verstanden, das ist echt erfreulich!!

20121123_CHR696120121123_CHR695720121122_CHR694720121122_CHR694920121122_CHR6955
Danach gönnen wir uns noch ein paar Cracker mit Käse und Bier vor dem Feuer und sind sehr zufrieden mit unserer Quartierwahl. Auch haben wir trotz des Wetters einen sehr guten Eindruck vom Pumalin-Park gewonnen. Die Luftfeuchtigkeit hier ist ja auch nicht überraschend, mit gut 5000mm jährlich gehört diese Ecke zu den regenreichsten dieser Erde.

Freitag, 23.11.: In der Früh schüttet es, wieder war die Entscheidung, nicht zu zelten wohl die bessere, auch, weil es hier ein sehr gutes Frühstück gibt. Danach fahren wir gemütlich weiter, kleinere Auflockerungen geben den Blick auf die Berge frei. Gegen Mittag halten wir beim Weg zum Yelcho-Gletscher, es regnet leicht. Schließlich überwinden wir uns und unternehmen die Wanderung, auf der wir den Regenwald wirklich hautnah kennenlernen. Der angelegte Weg ist zunächst sehr schlammig. Schön ist ein Blick über den Gletscherfluss, es sieht ein bisschen nach Auflockerungen aus. Ab der Hälfte des Weges wird der Pfad aber immer schmaler, man wird also von allen Seiten nass, die Regenjacke schützt zwar, aber dafür schwitzen wir, obwohl es nicht gerade warm ist. Einige Stellen sind so zugewachsen, dass man nur gebückt durchkommt. Aber irgendwie ist es auch faszinierend so durch den dichten Wald zu gehen. Es wächst hier viel Bambus, Nalca-Pflanzen und überall blühen Fuchsien. Nach etwas mehr als einer Stunde Gehzeit endet der Weg, man sieht über die Moräne zum Gletscher. Er ist eigentlich schön blau, aber auch hier ist der Rückgang deutlich zu erkennen. Der obere Teil und die Berggipfel verstecken sich weiterhin in Wolken, obwohl es nun schon recht sonnig ist. Trockener wird der Rückweg durch das bisschen Sonne dann aber auch nicht. Beim Auto ziehen wir uns also komplett um, bevor wir ein Stück weiterfahren und picknicken.
20121123_CHR700620121123_CHR701220121123_DSC097420121123_DSC0980
Die weitere Strecke ist landschaftlich sehr schön, das Fortkommen wird aber durch mehrere Baustellen, bei denen man immer ziemlich lange den Baggern zusehen darf, gebremst. Die Straßenqualität ist grundsätzlich nicht schlecht, es gibt aber immer wieder unangenehme und überraschende tiefe Schlaglöcher. Bei einem Bauernhof am Wegesrand gibt es schließlich Kaffee, was recht willkommen ist, aber leider nichts dazu, weil Vorsaison.

20121123_DSC0994
Während der Weiterfahrt bessert sich das Wetter zusehends, einige Ausblicke und Fotostopps sind also wieder möglich. Die Landschaft ist geprägt von wunderschönen, Natur belassenen Flüssen (wie lange noch? Die E-Wirtschaft scharrt hier schon in den Startlöchern), dahinter Berge mit Gletschern und frischem Schnee.

20121123_CHR704420121123_CHR7052
Gegen 7 Uhr abends kommen wir in Puyuhuapi an, der kleine Ort liegt schön an einem Fjord und ist als deutsche Pioniergründung aus dem Jahr 1935 auch historisch interessant. Auch bekommen wir problemlos ein Zimmer in der empfohlenen Casa Ludwig, ein großes Holzhaus, das von einem der vier Ortsgründer gebaut wurde und das seine Tochter heute führt. Es ist sehr gemütlich und ordentlich hier. Zum Abendessen gehen wir ins Café Rossbach (die Siedler stammten aus Rossbach, einem sudetendeutschen Ort), dort speisen wir zwar ganz alleine, aber gut, nämlich feines Steak mit Gemüse bzw. Ravioli Sorrentino, wirklich einmal eine Abwechslung. Auch gibt es ausgezeichneten Kuchen, Christian hatte ohnehin schon ein deutliches Kuchen-Defizit, und Espresso.

20121124_CHR7170
20121123_DSC1031
Samstag, 24.11.: In der Früh regnet es, es schaut aber nach Wetterbesserung aus und auch die Prognose für die nächsten Tage ist recht gut. So beschließen wir, hier eine zweite Nacht zu bleiben und heute nur einen Ausflug zum Ventisquero Colgante (auch ein Gletscher) und zu nahe gelegenen Thermen zu machen. Auf diese Weise kann ich auch wieder das Tagebuch nachschreiben!
Auf dem Weg zum Ventisquero Colgante, der zum NP Queulat gehört, lockert es ein wenig auf. Wir ersparen uns wieder den Eintritt dank unseres Passes. Zunächst führt ein Weg in gut 5 Minuten zu einem Aussichtspunkt. Man sieht über das Flusstal und im Hintergrund den Hängegletscher mit seinem großen Wasserfall.
Danach unternehmen wir die hier übliche Wanderung. Nach einer Hängebrücke über den Gletscherfluss geht es im Zickzack recht steil bergauf und dann etwas bequemer am Kamm entlang. Die Vegetation ist wieder sehr schön, typischer Regenwald, viele Bäume sind dicht bemoost, man sieht und hört auch einige Vögel, wir sehen etwa wieder einen Kolibri. Nach etwas mehr als einer Stunde ist das Ziel erreicht. Von einer Aussichtsplattform sieht man gut auf Gletscher und Wasserfall. Wieder ist der Kontrast von Regenwald und eher feucht-warmem Wetter und Gletscher besonders beeindruckend, obwohl es hier am Aussichtspunkt deutlich kühler ist. Wir halten uns aber nicht lange auf, es gibt nur einen Blick, aber dafür eine ganze Schulklasse, die hier Pause macht. Zurück geht es recht flott.

20121124_CHR706120121124_CHR7087
Anschließend überlegen wir, die Thermen zu besuchen. Leider hat das Restaurant dort zu, sodass wir uns doch dagegen entscheiden, nur zum Baden sind wir zu hungrig. Auch ist der Eintritt zu teuer, etwa 20€ und die ganze Anlage ist direkt neben der Straße. In Puyuhuapi ist gerade eine große Aktion im Gang: Eine alte Dampfmaschine, die in der Wiese vor sich hin rostet, wird geborgen und auf der Plaza aufgestellt. Das halbe Dorf inclusive Fanfarenzug ist versammelt. Das Zusehen wird uns aber doch zu lange, deshalb begeben wir uns wieder ins Café Rossbach, diesmal zu Kaffee und Kuchen.

20121124_CHR7127
Danach rasten wir uns ein bisschen aus, bis es Zeit für ein Abendessen ist. Da wir nicht zum dritten Mal ins selbe Lokal gehen wollen, nehmen wir das erste im Ort, was sich leider nicht als gute Wahl herausstellt, denn es ist für die gebotene Qualität zu teuer. Dafür plaudern wir sehr nett mit einem französischen Ehepaar, da sie gut deutsch spricht. Auch der Abend in der Casa Ludwig ist sehr gemütlich – vor dem Ofen mit der Hauskatze am Schoß.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen