Donnerstag, 31. März 2022

Melrakki - Unser neuer Campingbus

Dass wir gerade im Juli 2021 einen neuen Campingbus kaufen, war so nicht geplant. Siehe auch den vorherigen Post über unseren treuen Mercedes Oldtimer. Die ersten Recherchen waren wenig ermutigend, scheinbar halb Europa wollte in Corona Zeiten ein wenig mehr Freiheit haben und so waren die Bestellbücher bei den Firmen voll und die Lager ziemlich leer. Bei Funmobil in Graz hätten wir einen Camper mit 5,4m Länge auf Fiat Basis von Roadcar bekommen können, im Innenausbau klassisch und schön kompakt. Wir sind ja durch unseren alten Bus mit nur 5,25m Länge beim Parken selten vor unlösbaren Problemen gestanden. Aber trotz der +15 cm wäre der Innenraum eher weniger gewesen. Eine weitere Firma, die wir schon wegen des guten Preises in der engeren Wahl hatten, war die Firma Clever, vertreten durch Cara Mobil in Leopoldsdorf bei Wien. Da war prompt eigentlich nichts lieferbar, aber ein 6m Camper auf Citroen Basis war zumindest zum Besichtigen vor Ort. Eine etwas besser ausgestattete Edition, mit größeren 16" Felgen und 225er Reifen (=Bodenfreiheit+) und, für uns als Nordlandfahrer wichtig, mit einer Dieselheizung. Auch die Raumgestaltung hat uns etwas besser gefallen als beim Roadcar. Der besichtigte Wagen war eigentlich schon reserviert, aber der Verkäufer meinte, es kann sein, dass sich da noch etwas ändert. Und tatsächlich, zehn Tage später erfuhren wir, dass wir den Wagen kaufen könnten, denn derjenige, der ihn bestellt hat, wollte lieber den gleichen Wagen auf Fiat Basis mit Automatik. Uns war es jedoch sogar lieber, dass der eigentlich baugleiche Citroen Jumper (die Lieferwagen von Fiat, Citroen und Peugeot kommen aus dem gleichen Werk!) ein normales Sechsganggetriebe hat. So haben wir uns schnell entschlossen und den Camper gekauft. Natürlich kamen dann noch ein paar Extras, wie eine Photovoltaikanlage, dazu, zwei Bordbatterien waren aber schon eingebaut, was vor allem wegen der doch recht stromhungrigen Dieselheizung wichtig ist. Auch muss man einen Unterbodenschutz extra machen lassen, die Lieferwagen haben das nicht mehr, weil sie  anscheindend im Firmenbetrieb in drei Jahren hinüber sind. Bei den nächsten Autos ist man dann froh, wenn das Lenkrad noch serienmäßig ist. Also war noch ein wenig Geduld angesagt, Auslieferungstermin Ende August. Am 2.September gibt es dann wenig Erfreuliches zu hören, der Wagen ist zwar fertig, darf aber nicht angemeldet werden, denn seit 1.September gilt ein Gesetz, das auch auf der Rückbank Drucksensoren vorschreibt, das sind die Dinger, die nervig piepsen, wenn sich wer nicht angurtet. Dass nur die österreichische Behörde das Gesetz auf Bestandsfahrzeuge, eben auf Fahrzeuge, die vor dem Gesetz produziert wurden, anwendet, ist extrem ärgerlich und für die Firma Cara Mobil mit einigen Mehrkosten verbunden. Und es dauert  sieben(!) Wochen, bis die Ausnahmegenehmigung ausgestellt wird. Im Endeffekt schaffe ich es gerade noch vor den Herbstferien den Wagen anzumelden. Gut war aber das Entgegenkommen der Firma Cara Mobil, denn sie hat mir blaue Tafeln gegeben, wodurch ich den Wagen schon Anfang September nach Hause auf den Abstellplatz bringen konnte und auch noch zwei Probefahrten möglich waren. Über die Adaptierungen möchte ich nun im Anschluss ein paar Worte verlieren. 

Um den neuen Camper auf dem knappen Abstellplatz unterzubringen, musste ich zuerst einmal die Stützen anders anordnen, inklusive einer hochklappbaren Stütze!



Dann ging es an den Innenausbau, Ok, das klingt jetzt ein wenig übertrieben, ist es aber nicht. Natürlich habe ich keine Wände herausgerissen, aber vor allem im Stauraum unter dem Bett einiges geändert. Zuerst wurde eine Siebdruckplatte eingepasst. Der Stauraum hat vier massive Zurrösen, die mit dem Chassis verschraubt sind, aber eben auch überstehen. Und weiters wollte ich nicht für jeden Haltepunkt die originale Bodenplatte anbohren. Da ich Radträger am Heck nicht mag, habe ich mir einige Halterungen gebaut, die mir ermöglichen, Fahrräder bei aufgeklapptem Lattenrost zu transportieren. Das mit dem Aufklappen ist wirklich ein geniales Feature, aber natürlich, wenn die Räder drin sind, ist es nix mit Mittagsschlaf und Abendruhe. Also eine Lösung für eine Fahrt von A nach B. Dann gibt es einen verkleideten Kabelkanal, der ein Abstellen von Kisten in diesem Bereich erschwert, den habe ich auch mit Sperrholz und einer Antirutschmatte überbaut. Leider ist auch die Trennwand keine sehr gute Konstruktion, theoretisch herausnehmbar, aber nur wenn man diese hochhebt und in den Stauraum hineindreht, weil die Halterungen unter dem Lattenrost angebracht sind. Da habe ich mir eine Trennwand gebaut, gleich mit integrierter Stufe, denn das Bett ist ja fast 80 cm über dem Boden.

Die Siebdruckplatte mit den Aussparungen für die Zurrösen, hinten der noch nicht überbaute Kabelkanal.
Links ist der Gaskasten, der Dank der Dieselheizung nicht mit 2x10 kg Flaschen bestückt werden muss. Eine 5kg Flasche reicht fürs Kochen völlig. Daher habe ich mir hier einige Halterungen eingebaut und sowohl zwei 80 cm lange Wegfahrhilfen von Lescars ("Sandbleche für Arme"), die Keile und die Kabeltrommel befestigt.


Im Stauraum unter der Rückbank ist viel Platz, der Sitzpolster ist leicht abnehmbar, ja der, wo die Behörde meint, dass Sensoren hineingehören. Es gibt aber auch eine Tür an der Front. Mein Tresor aus dem Mercedesbus passt da gut hinein, der hat für Kameraausrüstung und Notebook ideale Maße. Dahinter ist noch immer viel Platz für Werkzeug und Abschleppseil.



Der Stauraum der Sitzbank vor dem Umbau

Und danach, vorne der Tresor, hinten Kiste mit Werkzeug

Die Kiste verhindert, dass Werkzeug herumfliegt und die empfindlichen Heizungsschläuche beschädigt

Die Tür unter der Bank, Tresor und eine Löschdecke griffbereit zu haben, ist immer gut

Die Trennwand samt Trittstufe lässt sich hochheben, ohne das Bett aufzuklappen.


Und auch ein Teppich ist eine feine Sache und für bloße Füße angenehm. Aber man sollte da sehr genau arbeiten. Wegen der vielen Winkel ist es sehr ratsam, sich aus festem Papier ein Schnittmuster anzufertigen.


Gut, dass wir noch keine Sensoren in der Rückbank haben, sonst könnten wir unsere Abfall-Notfall-Reinigungstasche so nicht während der Fahrt sichern.


Zwei verschließbare Müllkübel, ein Besen und ein Feuerlöscher (kein Pulver!)

Eine in die kleine Abwasch gut passende Plastikschüssel zu finden, war gar nicht so einfach. Manchmal geht es halt nicht ohne Amazon.


Haken gab es serienmäßig genau einen. Der Rest wurde zugekauft, man kann nie genug Haken haben!

Im Bad sind starke Saugnapfhaken eine gute Idee

klassische Hakenleiste aus Holz, verklebt mit Camelize Nano Klebeband

Haken ohne Kleben, einfach einhängen.

einfache Edelstahlhaken, die man fast überall aufkleben kann

Dieser Klapphaken war ganz einsam schon vormontiert.

Das Ablagefach wird bei uns für Schuhe verwendet und auch für mein Stativ. Da ist ein selbst gebasteltes Haltenetz schon sinnvoll, es soll ja nichts während der Fahrt durch die Gegend fliegen. Das schwarze Material ist eine Anti-Rutschmatte aus dem Autozubehör.


Die Lagerung von Trinkwasser ist auch eine wichtige Sache. Wir haben keine Lust dauernd Wasser aus dem Supermarkt zu schleppen, wenn es sich vermeiden lässt. Drei mal fünf Liter in lebensmittelechten Kanistern, da hat man schon eine gute Reserve. Die gehen sich gut am Boden des Kleiderkastens aus.


Eine wichtige und gewichtige Sache fehlt noch: Fahrräder!


Der neue Bus ist schon 75 cm länger und 20 cm breiter als der alte, dann noch zusätzlich einen Radträger am Heck - nein danke, das hatten wir einige Jahre auch bei unserem Mercedes und es hat uns ziemlich genervt, weil das Handling der hinteren Türen schwieriger wird, weil der Wagen länger wird, wegen Dreck auf den Fahrrädern nach langer Fahrstrecke und auch wegen der Diebstahlgefahr. Da ein 5 Gang Klappfahrrad von Dahon bei Gabis Mutter ungenutzt im Keller stand, habe ich dieses einmal wieder straßentauglich gemacht. Aber so kompakt das Rad im zusammengelegten Zustand ist, also gut geeignet, um es unter dem Bett zu verstauen, so unbefriedigend ist das Fahrverhalten. Nicht schlecht, um mal schnell zum Supermarkt zu fahren, aber 20" Reifen sind eben nicht vergleichbar mit einem normalen 26" oder 28" Fahrrad. Klappfahrräder mit 26" gibt es, allerdings sind die im zusammengelegten Zustand für unseren Stauraum zu groß. Mit einer Ausnahme, das Paratrooper hat den Klappmechanismus nicht in der Mitte, sondern im Sattelrohr und dadurch kann man es kompakter zusammenlegen als andere Modelle mit der Einschränkung, dass man das Vorderrad herausnehmen muss. Das erste gelieferte Fahrrad sollte eigentlich die 50cm Variante für mich (178 cm groß) sein und nach dem Zusammenbau und einem ersten Test freute ich mich, dass es unter das Bett passt. Zwar etwas gekippt und der Lenker unter dem Lattenrost. Also ein zweites Fahrrad bestellt, diesmal die 45cm Variante für Gabi. Wie wir beide Fahrräder nebeneinander stehen haben, sind wir etwas überrascht, die schauen nicht nur gleich aus, die sind auch gleich groß! Die erste Lieferung war falsch. Die 45/50 cm beziehen sich auf die Höhe vom Tretlager bis zum Sattelrohr, da kann man locker die cm ausgleichen, indem man den Sattel mehr herauszieht. In der Länge vom Sattel bis zum Lenker unterscheiden sich die Rahmen um ca. 4 cm. Bevor ich jetzt ein Fahrrad wieder zerlege, zurückschicke und mir neu liefern lasse, habe ich lieber den Sattel um einen cm nach hinten versetzt und einen Lenkervorbau um 25.-€ mit +2cm gekauft. Die Firma war auch schnell einverstanden, mir für meine Kreativität 50.-€ zurückzuzahlen. Die originalen Packtaschen habe ich wegen des hohen Preises nicht bestellt, sondern diese bei Amazon:
Baigio Fahrrad Transporttasche 
Die ist etwas größer als nötig, vom Material her macht sie einen robusten Eindruck.
Für längere Radtouren verwenden wir keine Rucksäcke, sondern Fahrradtaschen, daher wurde auch ein Gepäckträger gekauft. Die Seitenstützen mit Schnellspanner habe ich dann durch eine einfachere und leichtere Eigenkonstruktion ersetzt.

Der aufklappbare Lattenrost, zwei Fahrräder, Tisch und 2 Sessel, zwei große Klappboxen

Klar ist es etwas mehr Arbeit, das Herausnehmen des Vorderrades, das Zusammenklappen, Sattel und eventuell auch den Gepäckträger entfernen, das Rad in die Tasche stecken, unter das Bett schieben und alles gut festzurren. 
Und es war auch eine zusätzliche Investition, das Paratrooper Express ist die billigere Version dieses aus den USA stammenden Klapp MTB. Und die durchdachte Konstruktion lässt sich die Firma bezahlen, gut 700.-€ kostet es. Während der Rahmen sein Geld wert ist, sind es die Komponenten eigentlich nicht. Eher Billigschiene, nur einfache 18 Gang Shimano Schaltung, V-Brakes und eine nicht verstellbare Federgabel. Allerdings kosten gute 20" Klappfahrräder von Dahon und Tern ähnlich viel, die Preise der Edelmarke Brompton sind dann in noch ganz anderen Höhen!

Am 22.3. habe ich mir die Kennzeichen von der Zulassungsstelle geholt, denn im Winter wollte ich den neuen Bus nicht verwenden. Trotz Bonusstufe kostet der Bus gut 2100.-€ im Jahr, wobei die motorbezogene Versicherungssteuer den weitaus größeren Brocken ausmacht. Ältere Modelle mit schlechteren CO2 Werten zahlen deutlich weniger, weil bei diesen Fahrzeugen der reale CO2 Wert nicht gemessen wurde und die angegebenen Werte stark geschönt sind. Daher ist ein alter "Stinker" deutlich billiger als ein neuer Diesel mit Ad Blue. War auch bei meinem 31 Jahre alten Mercedes so, da waren es jährlich so um die 600.-€, was aber auch daran lag, dass der Bus 70 PS hatte gegenüber 140 PS beim neuen. Die Winterpause hat mir immerhin 680.-€ erspart und das Hinterlegen der Kennzeichen ist gratis! Natürlich braucht man für die Winterruhe einen Stellplatz abseits der öffentlichen Straßen.


Für einen erste Ausfahrt bin ich alleine für 4 Tage nach Bad Waltersdorf gefahren, habe dort drei Radtouren mit insgesamt 140 km gemacht und im Thermalbad relaxt. Alles funktionierte einwandfrei, aber der geringe Ertrag der Photovoltaikanlage hat mich doch sehr überrascht. Mittags bei strahlendem Sonnenschein gerade einmal 4A (=50W), also nur 25% der Peak Leistung sind doch verdammt wenig. Die Panele habe ich vor der Abreise ordentlich gereinigt, der Wagen stand frei ohne Beschattung. Je ein Panel abgedeckt ergaben 2A, also defekt ist da wohl nichts. Natürlich sind die Panele flach am Dach montiert, also nicht optimal zur Sonne ausgerichtet. Den Solarrechner bei Campofant fand ich sehr gut erklärt und hilfreich um abzuschätzen, für wie lange man autark stehen kann.

Es kann natürlich auch sein, dass bei fast voller Batterie die Ladeleistung heruntergeregelt wird, da müssen wir wohl noch Erfahrungswerte sammeln.